Greenwashing entzaubert: Die Wahrheit hinter vermeintlich nachhaltigen Unternehmen

Spätestens seitdem Greta Thunberg für das Klima die Schule schwänzte und Millionen junge Menschen dazu bewegte, mit Protest auf den drohenden Klimawandel aufmerksam zu machen, ist das Thema Umweltschutz zur weltweiten Dauerdebatte geworden. Gerade für Generation Z ist Nachhaltigkeit und der Erhalt unseres Planeten ein Thema, das auch ihr Konsumverhalten prägt. Das stellt Unternehmen unter Zugzwang: Viele wollen sich deshalb ein grünes Image aneignen, um das Vertrauen von Verbraucher:innen zu gewinnen. Nicht selten stellt sich aber heraus, dass nur der Fassade ein grüner Anstrich verpasst wurde und in Wahrheit nach wie vor keine Rücksicht auf unseren Planeten und seine kostbaren Ressourcen genommen wird. Über dieses Vorgehen, das als “Greenwashing” bezeichnet wird, möchten wir in unserem heutigen Blogbeitrag aufklären.

Greenwashing entzaubert

Arbeitswelt| Lesedauer: 6 min | veröffentlicht am 08. August 2023
Zielgruppe: Karrierehungrige Menschen, die sich für den Klimawandel interessieren
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Was ist Greenwashing?

Greenwashing ist ein Kunstwort, das sich aus "Green" (grün) und "Whitewashing" (weißwaschen) zusammensetzt.

Whitewashing gilt im Unternehmensbereich als das Vertuschen krimineller Machenschaften. Dieser Begriff wird durch “Greenwashing” mit Umweltschutz in Verbindung gebracht.

Greenwashing bezeichnet die Praxis von Unternehmen, Produkte, Dienstleistungen oder gar den ganzen Betrieb selbst als umweltfreundlich darzustellen, obwohl trotzdem rücksichtslos gewirtschaftet wird.

Ziel ist es, bei Konsument:innen den Eindruck zu erwecken, dass das Unternehmen verantwortungsbewusst handelt und wichtige Maßnahmen ergreift, um gegen den Klimawandel anzukämpfen.

Dieser Kampf findet aber oft nur an der Oberfläche statt, während insgeheim genauso intensiv wie zuvor Emissionen ausgestoßen werden. Eine Masche vieler Unternehmen, die ihr Image spielerisch retten wollen, ohne dafür den finanziellen, personellen und infrastrukturellen Aufwand zu leisten, den “grünes” wirtschaften erfordert.


Warum ist Greenwashing ein Problem?

Dass die rein oberflächliche Selbstinszenierung als grünes Unternehmen nicht zur Rettung des Klimas beiträgt, steht außer Frage. Greenwashing täuscht darüber hinaus Verbraucher:innen - es kann als Betrug angesehen werden, obwohl bis jetzt nur wenige Gesetze existieren, die dagegen vorgehen. Viele sind aber bereits in Planung.

Abgesehen von der Rechtslage:

Wenn Greenwashing-Skandale ans Licht kommen, entsteht massiver Vertrauensverlust der Konsument:innen und sorgt letztendlich dafür, dass Unternehmen keinen guten Ruf mehr genießen.

Hinzu kommt, dass Greenwashing “echten” grünen Unternehmen und deren Bemühungen zur Rettung der Umwelt schadet. Es erweckt den Eindruck, dass nachhaltige Maßnahmen auch bei ehrlichen Unternehmen nur als Marketingstrategie an die Menschen getragen werden. Konsument:innen fühlen sich grundsätzlich betrogen und verlieren das Vertrauen in die Integrität ganzer Branchen.

Zuletzt werden auch dringend notwendige Veränderungen, die zur Bewältigung der Klimakrise erfordert sind, verschoben oder gar komplett untergraben. Statt einen echten Wandel voranzutreiben, ruhen sich Unternehmen auf den Lorbeeren des Greenwashings aus. Immerhin muss nicht mehr getan werden, als ein paar umweltfreundlich anmutende Social-Media-Posts online zu stellen. Das lässt die Welt weiter auf die Nicht-Einhaltung des Pariser Klimaabkommens und des 1,5-Grad-Zieles zu schlittern und wird früher oder später das Schicksal unseres Planeten zementieren, wenn wir nicht als Gesellschaft aktiv dagegen vorgehen.


Greenwashing: Fallbeispiele im deutschsprachigen Raum

Greenwashing ist nicht nur ein Thema, das saudi-arabische Ölkonzerne betrifft. Auch in Mitteleuropa wurde das fahrlässige Wirtschaften verschiedener Unternehmen bereits aufgedeckt. Im Fokus stehen dabei unter anderem deutsche Automobilhersteller. BMW investiert beispielsweise in Nachhaltigkeitskampagnen zur Markteinführung von E-Autos.

Dabei arbeiten sie mit Supermodels oder Pop-Bands wie Coldplay zusammen. Eine Studie des britischen Thinktanks “InfluenceMap” hat allerdings ergeben, dass BMW ausgiebige Lobbyarbeit gegen höhere CO2-Emissionsstandards und Ausstiegstermine für Verbrennungsmotoren betreibt. Der Konzern zähle, so die Studie, zu den “führenden Gegnern der Klimapolitik in Deutschland und Europa.”

Auch der österreichische Öl- und Gaskonzern OMV gerät wegen Greenwashing regelmäßig ins Fadenkreuz kritischer Berichterstattung. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat deshalb den Blog “Akte OMV” ins Leben gerufen, in dem sie das widersprüchliche Wirtschaften des Konzerns dokumentiert. So werden verschiedene öffentlich kommunizierte Strategien des Konzerns in Frage gestellt. Laut OMV soll die gesamte Geschäftstätigkeit des Konzerns “bis spätestens 2050 klimaneutral sein”. Dabei handelt es sich laut Greenpeace allerdings um eine Mogelpackung. Die NGO schreibt:

“Dieses Versprechen umfasst nur jene Treibhausgas-Emissionen, die direkt in den eigenen Anlagen und bei den Energieproduzenten der OMV anfallen. Damit nicht mitgemeint sind jene Emissionen, die beim Verbrauch von Öl und Gas anfallen – also wenn Gas in der Therme oder Benzin bei der Autofahrt verbrannt wird. Aber letzteres ist die Mehrheit: 92% der durch die OMV zu verantwortenden Emissionen fallen nicht in der Produktion, sondern im Verbrauch von Öl und Gas an. Diese sind vom Versprechen der Klimaneutralität ausgeschlossen.”

Kosmetik- und Lebensmittelindustrie

Klimasünder finden sich allerdings auch in der Kosmetik- und Lebensmittelindustrie wieder. Immer öfter werden Alltagsprodukte aus dem Supermarkt als “klimaneutral” beworben.

Die Arbeiterkammer unterzog diesen Produkten einem “Greenwashing-Check”. Die Vermutung: wo klimaneutral draufsteht, steckt nicht überall klimaneutral drin. Es wurde geprüft, welche CO2-Bewertungsmethode von den Konzernen jeweils angewendet wurde und ob diese Bewertung durch das Unternehmen selbst, oder durch eine externe und unabhängige Prüfstelle durchgeführt wurde.

Der Test ergab, dass zum Beispiel das in Plastik verpackte Duschgel von Nivea, das in PET-Flaschen abgefüllte Mineralwasser von Evian oder das Pesto von Ppura kein Nachweis gefunden werden konnte, wie und in welchem Umfang CO2-Emissionen eingespart wurden. Die Arbeiterkammer empfiehlt daher, diese Produkte gar nicht mehr erst zu kaufen.


Greenwashing: 7 Ideen, um Druck auf Unternehmen auszuüben

Um Greenwashing in Zukunft den Kampf anzusagen, gibt es verschiedene Maßnahmen, zu denen Regierungen, Unternehmer:innen, aber auch wir alle greifen können, damit wir zur Rettung der Erde beitragen. Dazu zählen:

  1. 1.

    Stärkere Gesetzgebung

    Greenwashing sollte auch dementsprechend vom Rechtsstaat bestraft werden. Auf europäische Ebene wurde Ende März 2023 bereits eine Verordnung gegen “Green Claims” vorgelegt.

    Die Verordnung gibt vor, dass Konzerne ihre Behauptungen hinsichtlich Umweltschutz auf allgemein anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse stützen, genaue Informationen anführen und internationale Vorgaben berücksichtigen müssen. Das Sanktionieren von Greenwashing wird international diskutiert - immerhin könnten harte Strafen andere CEOs davon abschrecken, selbst zu Falschaussagen bei Werbung und PR zu neigen.

  2. 2.

    Unabhängige Prüfstellen und Zertifikate

    Ein Problem beim Greenwashing: oft führen Betriebe die Untersuchungen bezüglich ihrer CO2-Emissionen selbst durch und können dadurch leichter mogeln.

    Unabhängige Regulierungsbehörden könnten dazu beitragen, dass Unternehmen besser auf die Finger geschaut wird. Diese Behörden können schließlich auch mit Zertifizierungen und Labels dazu beitragen, dass Verbraucher:innen nachhaltige Produkte und Dienstleistungen beim Einkauf leichter erkennen können.

  3. 3.

    Mehr Transparenz

    Unternehmen sollten verpflichtet werden, all ihre Geschäftstätigkeiten und deren Einfluss auf die Umwelt offenzulegen. Das könnte durch die Einführung von strengeren gesetzlichen Richtlinien erreicht werden, damit auch Stakeholder und Verbraucher:innen leichter überprüfen können, ob die Nachhaltigkeitsansprüche eines Unternehmens glaubwürdig sind.

  4. 4.

    Bildung und Aufklärung

    Gerade durch Werbung schaffen es Konzerne, Konsument:innen hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeitsbestrebungen zu manipulieren. Wer bereits Jugendliche in der Schule über die gängigen Werbemaschen aufklärt, schafft mehr Bewusstsein. Bildungseinrichtungen, Verbraucherschutzorganisationen und NGOs könnten zudem Kampagnen starten, um die Öffentlichkeit über Greenwashing aufzuklären und kritisches Hinterfragen bei Verbraucher:innen zu fördern.

  5. 5.

    Nachhaltigkeitsinitiativen unterstützen

    Verbraucher:innen und Investor:innen können gezielt Unternehmen unterstützen, die nachweislich grüne Praktiken und Strategien umsetzen. Das belohnt Unternehmen, die keine Kosten und Mühen scheuen, um das Klima zu schonen und bietet auch der Konkurrenz einen Anreiz, ebenfalls nachhaltiger zu handeln.

  6. 6.

    NGOs unterstützen

    NGOs (Nichtregierungsorganisationen) spielen eine entscheidende Rolle bei der Überwachung und Aufdeckung von Greenwashing-Praktiken. Wer sie auch finanziell mit einer kleinen Spende unterstützt, trägt einen Teil zum Kampf gegen Greenwashing bei. Unterstützung solcher Organisationen kann ihre Arbeit stärken und ihnen helfen, Missstände aufzudecken und öffentlich zu machen.

  7. 7.

    Produkte boykottieren

    Auch wir Verbraucher:innen können Greenwashing entgegentreten, indem wir uns im Netz und in den Nachrichten darüber kundig machen, welche Unternehmen für ihre schmutzigen Geschäfte bekannt sind.

    Dann gilt es im Supermarkt, bei Reisen oder beim Autokauf einen großen Bogen um die Produkte und Dienstleistungen dieser trügerischen Konzerne zu machen. Wenn viele Menschen zum Boykott bereit sind, werden diese Firmen finanzielle Einbußen erleiden und zu echten grünen Maßnahmen gezwungen, falls sie am Markt nicht untergehen wollen.

Wir fassen zusammen

Warum du dich nicht bei einem Greenwashing-Unternehmen bewerben solltest?

Betriebe, die des Greenwashings bezichtigt werden, täuschen ein nachhaltiges und umweltfreundliches Image vor. Wem unser blauer Planet und die Existenz unserer Nachfahren am Herzen liegt, sollte also von einer Bewerbung absehen, wenn er oder sie nicht in ein ethisches Dilemma geraten will. Darüber hinaus kann Greenwashing ein Warnsignal sein, dass auch in anderen Bereichen des Unternehmens schmutzige Geschäfte betrieben werden. Wer seine Kund:innen täuscht, führt nicht selten auch Arbeitnehmer:innen hinters Licht.

Eine Beschäftigung bei einem Greenwashing-Unternehmen kann außerdem zum Schaden des eigenen Rufs und der Karriere beitragen. Dein Lebenslauf wird darunter leiden, wenn du bei einem Unternehmen angestellt bist oder warst, das wegen eines Greenwashing-Skandal Schlagzeilen machte.

Für Führungskräfte gilt außerdem, dass die Mitschuld an einem Greenwashing-Verstoß nach EU-Verordnung sogar rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Generell gilt: wer auf Jobsuche ein geschärftes Auge für Greenwashing besitzt, trägt einen bedeutenden Teil im Kampf gegen den Klimawandel bei. Immerhin leiden auch Energiekonzerne, die für ihr Greenwashing bekannt sind, unter Fachkräftemangel. Wer sich gegen eine Bewerbung bei ihnen entscheidet, erhöht den Druck auf diese Betriebe und leistet einen Beitrag, damit sie endlich zum Handeln gezwungen werden.

 

Maximilian E.

Max widmet sich in seinem Beruf- und Privatleben ganz dem geschriebenem Wort in all seinen Facetten. Nach seinem Studium in Innsbruck, das er 2020 mit einem Master in Medienwissenschaften abschloss, war er in verschiedenen renommierten Redaktionen tätig, zu denen auch der Standard oder das VICE Magazin in Berlin zählen. Für seine Arbeit wurde er 2021 zu einem der 30 besten Jungjournalist:innen in Österreich gekürt. Neben seiner Tätigkeit als freier Journalist arbeitet er auch als Texter und bedient die Tastatur seit Beginn 2023 für uns. Seine Prinzipien als Journalist lässt er auch mit seinen Blogbeiträgen für unsere Portale nicht außer Acht: so will er Ungerechtigkeiten in der Arbeitswelt stets auf den Grund gehen und stellt die Bedürfnisse von Arbeitnehmer:innen stets in den Fokus.

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